Kunst und Kirche im Dialog - Das Epitaph "Christus in der Kelter" entschlüsseln

Gottesdienst am Palmsonntag 2025

Die Predigt hielt der Theologe und Kunsthistoriker Dr. Dietrich Diederichs-Gottschalk. Im Hintergrund das Bild "Christus in der Kelter".

Christus in der Kelter ist ein im 12. Jahrhundert aufgekommenes Motiv der christlichen Bildsprache. Dargestellt wird Christus bei der Arbeit in einer Weinkelter, wobei der ausfließende gewonnene Wein als Blut Christi von einem Kelch aufgefangen wird. Christus trägt in dieser Darstellung den Pressbaum (Kelterbalken) als sein Kreuz. So presst er die Weintrauben aus und ist zugleich selbst der Ausgepresste, der dem erdrückenden Gewicht des Baums nichts entgegenzusetzen hat.

Das großformatige Kunstwerk, das an der Südseite der Altenbrucher Kirche St. Nicolai hängt, stammt aus dem Jahr 1697, also aus der Barockzeit. Es ist ein Erinnerungsbild, gestiftet von Elias Herlitz im Gedenken an seine Tochter Margreta, ihren Mann Wilckens (also den Schwiegersohn des Stifters) und an dessen erste, ebenfalls verstorbene Frau Adelheit. Die Darstellung steht in der Tradition eines Kupferstichs in der Nürnberger Endter-Bibel von 1641. Bild und Rahmen im Stil des niederländischen Barock wurde vermutlich in Hamburg geschaffen.

Was zunächst ins Auge sticht, ist jedoch nicht das Ölgemälde, sondern der voluminöse geschnitzte Rahmen, der es wie ein Ehren- oder Trauerkranz umgibt. In einem Akanthusrankenwerk, das mit Blüten und Weintrauben durchwunden ist, triumphieren insgesamt zwölf Engel. So dominieren in diesem Rahmen die Symbole des himmlischen Lebens. Die Trauben stehen für den Wein an Gottes Tafel, Sonnenblumen für ein gottgefälliges menschliches Leben. So wie die Blumen der Sonne folgen, so soll der Mensch leben - immer Gott zugewandt!

Ein großes Hoffnungsbild

Zunächst einmal wirkt die Darstellung gruselig. Die Kelter des Zorns lässt beim ersten Hinschauen auf nichts Gutes hoffen. Doch Christus in all seiner Bedrängnis hält die Siegesfahne in die Höhe. Satan und der Tod werden im Glauben überwunden. Hinter Christus reißt der dunkle Himmel auf und das helle Licht des Ostermorgens flutet die Welt. Gottes Gegenwart bricht an.

Am Fuße der Kelter, die auf einem Hügel steht, der an Golgata erinnert, sind links Menschen des Alten Bundes zu sehen: Adam und Eva, Noah, Moses, Abraham und sein Sohn Isaak, Aaron und David. Rechts erkennt man Maria Magdalena, den Zöllner Zachäus, die Apostel Petrus und Paulus, Johannes den Täufer und - am Kreuz hängend - den reuigen Gekreuzigten, dem der Himmel versprochen ist.

Hinter dem Hügel ragen grünende Bäume als Symbole des ewigen Lebens in die Szene hinein.

Die Symbolik des Rahmens, die Details, die Farben und die Anordnung der Bildelemente lösen den beängstigenden ersten Eindruck auf. "Christus in der Kelter" - so das Fazit von Dietrich Diederichs-Gottschalk "ist ein großes Hoffnungsbild. Gott sagt: Es ist gut!" Und damit nimmt er die Verstorbenen, zu deren Ehren und Andenken das Werk geschaffen wurde, in seine Herrlichkeit auf.

Offenbarung, Kapitel 14: Das Lamm und die Seinen (ausgewählte Verse)

Die Botschaft der drei Engel

6Und ich sah einen andern Engel fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen denen, die auf Erden wohnen, allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern. 7Und er sprach mit großer Stimme: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen! Und betet an den, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserquellen!

12Hier ist Geduld der Heiligen! Hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus!

13Und ich hörte eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Schreibe: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Ja, spricht der Geist, sie sollen ruhen von ihrer Mühsal; denn ihre Werke folgen ihnen nach.

Ernte und Weinlese

14Und ich sah, und siehe, eine weiße Wolke. Und auf der Wolke saß einer, der gleich war einem Menschensohn; der hatte eine goldene Krone auf seinem Haupt und in seiner Hand eine scharfe Sichel. 15Und ein andrer Engel kam aus dem Tempel und rief dem, der auf der Wolke saß, mit großer Stimme zu: Setze deine Sichel an und ernte; denn die Zeit zu ernten ist gekommen, denn die Ernte der Erde ist reif geworden. 16Und der auf der Wolke saß, setzte seine Sichel an die Erde und die Erde wurde abgeerntet.

17Und ein andrer Engel kam aus dem Tempel im Himmel, der hatte ein scharfes Winzermesser. 18Und ein andrer Engel kam vom Altar, der hatte Macht über das Feuer und rief dem, der das scharfe Messer hatte, mit großer Stimme zu: Setze dein scharfes Winzermesser an und schneide die Trauben am Weinstock der Erde, denn seine Beeren sind reif! 19Und der Engel setzte sein Winzermesser an die Erde und schnitt die Trauben am Weinstock der Erde und warf sie in die große Kelter des Zornes Gottes. 20Und die Kelter wurde draußen vor der Stadt getreten, und das Blut ging von der Kelter bis an die Zäume der Pferde, tausendsechshundert Stadien weit.

Quelle: Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart